Neulich, wir sprachen über unsere Kindheit, meinte mein Kollege mit einem verklärten Blick:

“Chlorgeruch! Das ist die Erinnerung an die Sommer meiner Kindheit!“ 

Ich stutzte einen Moment und sah ihn verwundert an. Diese für ihn positive Erinnerung ist für mich das genaue Gegenteil. 

Der Geruch von Chlor meint ja eigentlich etwas sehr Unreines. Chlor an sich ist ja geruchlos und nur in Verbindung mit Harnsäure entsteht dieser typische Chlorgeruch. Je mehr Harnsäure der Mensch in die Schwimmbäder bringt, desto mehr riecht es nach Chlor. 

Dieses Bewusstsein hat mich Zeit meines Lebens davon abgehalten, regelmäßig und überhaupt in die Schwimmhalle zu gehen. Nun hatte ich ja auch immer die Ostsee vor der Nase, und es war nie ein Problem für mich. 

Als dieser Freund, der aus einem südlichen Bundesland stammt, diese positive Erinnerung benannte, musste ich ihn, ich konnte gar nicht anders, eines Besseren belehren. Denn trifft Chlor als Desinfektionsmittel auf Urin, entstehen Verbindungen aus Chlor und damit der uns vertraute Schwimmbadgeruch. Also, je stärker dieser Geruch, desto mehr.. 

Wir wollten den Gedanken nicht zu Ende denken und kamen sofort auf ein anderes Thema.

Der Arme! Er wurde ganz blass um die Nase und erwiderte erst mal gar nichts. Weg war sie, die positive Kindheitserinnerung. Warum hatte ihm das nie jemand gesagt? Auf wundersame Weise fühlte ich mich schuldig.

A. v. W.